Schulenburg Familie in Angern

Das Geschlecht derer von der Schulenburg ist eines der ältesten Adelsgeschlechter Deutschlands, dessen Wurzeln bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen.

Finanzielle Lasten und Investitionsprioritäten beim Schlossbau in Angern – Eine Analyse der Ausgabenbilanz von 1737. Die Ausgabenbilanz vom 24. Mai 1737 stellt ein aufschlussreiches Dokument über die ökonomischen Rahmenbedingungen und Prioritätensetzungen während der frühen Phase des barocken Schlossbaus in Angern dar. Christoph Daniel Freiherr von der Schulenburg, der damalige Besitzer des Ritterguts, ließ die Anlage ab 1735 unter erheblichen finanziellen Aufwendungen neu errichten. Die Bilanz verzeichnet zwischen 1735 und Mai 1737 Gesamtausgaben in Höhe von 22.026 Talern, 16 Silbergroschen und 8 Pfennig, von denen 9.100 Taler explizit als baugebundene Ausgaben ausgewiesen sind.

Dabei handelt es sich jedoch nicht um den Abschluss der Bauarbeiten, sondern um einen Zwischenstand: Wie archivalisch belegt ist, war das Herrenhaus im Frühjahr 1740 noch nicht bewohnbar, und sowohl die Innenausstattung als auch wesentliche bauliche Elemente wurden erst in den Folgejahren bis mindestens 1752 vollendet . Die Bilanz von 1737 dokumentiert somit die erste große Bauetappe, in der insbesondere Erd- und Rohbau, Dachkonstruktion sowie die Umfassungsmauer des Grabens abgeschlossen wurden – nicht aber die Innenräume, Möblierung, Bibliothek oder Waffenkammer.

Die Finanzierer des Schlossbaus von Angern – Patronage, Kredit und Netzwerke im Preußen des frühen 18. Jahrhunderts

Die Finanzierung des Schlossneubaus von Angern durch Christoph Daniel von der Schulenburg im Jahr 1734 war nicht ausschließlich auf Eigenmittel gestützt, sondern beruhte in entscheidendem Maße auf einem weitverzweigten Netzwerk adliger Unterstützer. Die Quelle Rep. H Angern Nr. 409, Blatt 10 dokumentiert nicht nur betriebliche Ausgaben für Kalk, Holz und Handwerker, sondern verzeichnet auch eine Reihe externer Beiträge, deren Herkunft und Charakter Rückschlüsse auf die soziale Verankerung des Bauherrn erlauben. Diese Beiträge lassen sich differenzieren in nicht rückzahlungspflichtige Schenkungen, die dem Prestige und der Patronage dienten, und informelle Kredite, die innerhalb des Adelsstandes üblich waren und zumeist auf reputationsbasierter Vertrauensbasis gewährt wurden.

Hans Joachim von Ziethen – ein General als Unterstützer: Der in der Quelle genannte „Herr von Zythen“ ist mit großer Wahrscheinlichkeit Hans Joachim von Zieten (1699–1786), einer der bekanntesten Kavalleriegeneräle Friedrichs des Großen. 1734 war er bereits als Rittmeister in den preußischen Husarenregimentern etabliert. Eine Zuwendung aus seinem Umfeld legt nahe, dass zwischen ihm und Schulenburg ein persönliches Vertrauensverhältnis bestand – möglicherweise aus gemeinsamer Militärzeit in brandenburgischen oder sardinischen Diensten. Der genaue Betrag ist nicht überliefert, aber seine Erwähnung in der Bauabrechnung spricht für eine substanzielle Mitwirkung. Da kein Rückzahlungsvermerk existiert, aber auch keine Widmung, ist eine formlos gewährte persönliche Unterstützung wahrscheinlich, die sich irgendwo zwischen Kredit und symbolischer Freundesgabe bewegt.

Moritz von Wopersnow und das pommersche Offiziersmilieu: Die Familie von Wopersnow ist durch mehrere Offiziere in preußischen Diensten belegt, insbesondere Moritz Franz Kasimir von Wopersnow (1708–1759), der als Generalmajor diente. Der 1734 geleistete Beitrag aus dieser Familie – exakt 100 Taler – ist in Form einer „Assignation“ überliefert, was eine Zahlungsanweisung oder Kreditgewährung nahelegt. Die Zahlung dürfte als kurzfristiger, formloser Kredit innerhalb eines militärischen Vertrauensverhältnisses erfolgt sein, das durch gemeinsame Standesherkunft, Dienstzeit und wirtschaftliche Nähe begünstigt wurde.

Tresckow – Der Mandatar in familiärer Mission: Joachim Arndt von Tresckow agierte im Erbkaufvertrag von 1731 als bevollmächtigter Vertreter („mandatarius“) des abwesenden Majors Heinrich Hartwig von der Schulenburg, eines Sohnes des verstorbenen Besitzers und Bruder von Christoph Daniel und damit direkter Miterbe. Die Familie von Tresckow war selbst ein altes märkisches Adelsgeschlecht mit tiefen genealogischen Verbindungen zur Familie von der Schulenburg: Die Witwe Heinrich Hartwigs, Catharina Sophia, war eine geborene von Tresckow. Joachim Arndt dürfte demnach sowohl durch verwandtschaftliche Bindung als auch durch Standesnähe in die Angelegenheit eingebunden gewesen sein. Diese Rolle ging über eine bloße juristische Stellvertretung hinaus: In der Zahlungsliste von 1734 (Rep. H Angern Nr. 409, Bl. 10) erscheint Tresckow auch als Kreditgeber, mit zwei „Assignationen“ à 100 Talern. Seine Rolle lässt sich also als hybrid bezeichnen: Er war rechtlicher Repräsentant, familiärer Vermittler und zugleich finanzieller Unterstützer, der das Ziel des familieninternen Guterhalts mittrug. Diese Vielschichtigkeit verweist auf die große Bedeutung des verwandtschaftlich gestützten Kreditwesens innerhalb des Adelsmilieus. Die Zahlungen Tresckows waren sehr wahrscheinlich formlos gewährt, aber mit moralischer Rückzahlungserwartung versehen.

Der Fürst von Anhalt-Dessau – Patronage als Gunstbeweis: Eine Ausnahme im Muster der kreditähnlichen Beiträge bildet der Eintrag „Von Sr. Fürstl. Durchlaucht zu Dessau 236 Taler 18 Groschen“. Diese Zahlung dürfte mit hoher Sicherheit eine Schenkung gewesen sein. Der Geber, vermutlich Leopold II. Maximilian von Anhalt-Dessau, war ein preußischer Generalfeldmarschall und regierender Fürst. Angesichts seiner Stellung ist eine Rückzahlungsabsicht auszuschließen. Vielmehr ist der Betrag Ausdruck höfischer Patronage – eine finanzielle Auszeichnung für einen verdienten General im Ruhestand.

Von Schindler – eine lokale, wenig dokumentierte Figur: Der ebenfalls gelistete Herr von Schindler, der 137 Taler 12 Groschen beisteuerte, bleibt genealogisch schwer fassbar. Es ist anzunehmen, dass es sich um ein Mitglied einer kleineren brandenburgischen Adelslinie oder einen regionalen Beamten handelte. Die Art der Eintragung ohne weitere Erläuterung spricht eher für eine freiwillige Gabe mit Schenkungscharakter – möglicherweise als Geste sozialer Nähe oder Unterstützung ohne vertragliche Bindung.

Resümee: Adlige Finanzierung zwischen Kredit und Patronage: Die Finanzierung des Schlosses Angern erfolgte nicht über institutionalisierte Mechanismen, sondern über eine adlige Ökonomie des Vertrauens. Schulenburgs Netzwerk ermöglichte es ihm, verschiedene Formen finanzieller Unterstützung zu mobilisieren – vom förmlichen Kredit über kurzfristige Zahlungsanweisungen bis zur standespolitisch motivierten Schenkung. Die Quelle belegt dabei eindrucksvoll, wie eng politische, militärische und ökonomische Ressourcen im frühneuzeitlichen Preußen miteinander verflochten waren. Die Identität der Geldgeber unterstreicht zudem die soziale Stellung Schulenburgs, der sich mit seinem Bauvorhaben in einem Kreis von Vertrauenspersonen bewegte, deren Loyalität sich in Talern ebenso ausdrückte wie in reputativer Rückversicherung.

Kreditfinanzierung und Schuldendienst – Struktur und Strategie der Baufinanzierung

Die Errichtung des neuen Schlosses Angern in den 1730er Jahren war ein finanzielles Großprojekt, das die Möglichkeiten des laufenden Gutsbetriebs bei Weitem überstieg. Christoph Daniel von der Schulenburg, langjähriger General in savoyischen Diensten, verfolgte dabei eine klar strukturierte und langfristig angelegte Finanzierungspolitik, die auf einer Kombination aus internationalem Kapital, regionalen Pachterträgen und einem systematisch gesteuerten Schuldendienst beruhte.

Im Jahr 1735 beliefen sich die dokumentierten Einnahmen auf 8.542 Taler, 23 Silbergroschen, während die Ausgaben bei 8.189 Talern lagen. Bereits in diesem Jahr finden sich Zahlungen in Höhe von 2.940 Talern an „Capitalien und Agio“ sowie 396 Taler an Zinsverpflichtungen. Schon zu diesem Zeitpunkt diente also fast ein Drittel der gesamten Haushaltsmittel dem Schuldendienst. In der parallel geführten Quittungsliste erscheinen drei große Überweisungen aus Turin mit einem Gesamtwert von 10.027 Talern, die nachweislich zur Deckung von Baukosten und sonstigen Auslagen herangezogen wurden. Es ist davon auszugehen, dass diese Mittel aus Vermögensrücklagen stammten, die Christoph Daniel im Dienst des Königs von Sardinien angesammelt hatte. Die Transfers lassen auf stabile Bankverbindungen in Turin oder Genua schließen und belegen die Einbindung des Bauprojekts in ein transnationales Finanzgefüge.

Die Ausgabenbilanz vom 24. Mai 1737 zeigt dies besonders deutlich: Der mit Abstand größte Einzelposten betrifft die Rückzahlung von aufgenommenen Kapitalien sowie die damit verbundenen Zinslasten. Insgesamt wurden 9.888 Taler, 21 Silbergroschen und 4 Pfennig für „Capitalien und Agio“ gezahlt, hinzu kamen 843 Taler, 21 Silbergroschen an „Interesse von Capitalien“. Die resultierende Schuldendienstlast von insgesamt 10.732 Talern in den Jahren 1735 bis Mai 1737 entsprach knapp 49 % der gesamten Ausgaben  – eine Größenordnung, die für ein privates Bauvorhaben dieser Zeit außergewöhnlich war.

Diese hohe Belastung erlaubt fundierte Rückschlüsse auf den Gesamtumfang der Kreditaufnahme: Rechnet man mit einem damals marktüblichen Zinssatz von 6 % bis 8 %, so ergibt sich eine ursprüngliche Kreditsumme von etwa 14.000 bis 17.000 Talern – also nahezu das Doppelte der gesamten Einnahmen von 1735. In heutiger Kaufkraft entspricht dies einer Größenordnung von 560.000 bis 680.000 Euro. Bemerkenswert ist, dass Christoph Daniel bis 1737 offenbar bereits einen erheblichen Teil dieser Schulden getilgt hatte, was für die Durchschlagskraft seiner Einnahmestrategie und eine zielgerichtete Liquiditätsplanung spricht. Der verbleibende Zinsdienst belegt jedoch, dass die Finanzierung des Bauvorhabens weiterhin auf einem hybriden Modell beruhte: Sie kombinierte internationale Kapitalzuflüsse, lokale Erträge aus dem Gutsbetrieb und eine gezielte Schuldensteuerung über mehrere Jahre hinweg.

Die Bezeichnung „an Capitalien und Agio“ legt zudem nahe, dass Schulenburg nicht ausschließlich auf klassische Darlehen zurückgriff, sondern unter Umständen auch auf Wechselgeschäfte oder Anleihen mit Disagio – ein Instrument, mit dem kurzfristig liquide Mittel beschafft werden konnten, etwa durch Vorschüsse auf Auslandseinnahmen. Dies passt zur parallelen Investitionstätigkeit: Neben dem Schlossbau hatte Christoph Daniel in den Jahren 1734–1738 auch mehrere Güter aufgekauft. Es ist daher anzunehmen, dass die aufgenommenen Schulden nicht allein der Bautätigkeit dienten, sondern Teil eines umfassenderen Programms wirtschaftlicher Expansion und Konsolidierung waren. Die Zinsen von über 840 Talern entsprachen dabei einer effektiven Jahresbelastung von etwa 8 % – ein marktüblicher, jedoch spürbarer Aufwand, der durch laufende Einnahmen aus der Verpachtung von Angern-Vergunst wohl nur teilweise kompensiert werden konnte.

Die prominente Stellung des Schuldendienstes in der Bilanz hat auch eine symbolische Bedeutung. Sie verweist auf das Vertrauen des Bauherrn in die künftige Ertragskraft seines Guts ebenso wie auf seinen persönlichen Einsatz. Christoph Daniel errichtete das Schloss nicht aus reiner Repräsentationslust, sondern als bewussten ökonomischen und dynastischen Wendepunkt. Der Bau war ein strategisches Mittel, um den über Jahrzehnte zersplitterten Besitz der Familie zu konsolidieren, die Herrschaftsverhältnisse zu stabilisieren und die Grundlagen eines vererbbaren Majorats zu schaffen. Die Tatsache, dass trotz der hohen Tilgungen der Bau planmäßig fortgesetzt wurde, belegt die disziplinierte Haushaltsführung des Guts und verweist auf vorhandene Rücklagen, verlässliche Einnahmen und klare Prioritäten im Mitteleinsatz.

Die strenge Trennung zwischen Tilgungen („Capitalien und Agio“) und laufenden Zinsen („Interesse“) unterstreicht zusätzlich die Professionalität der Finanzverwaltung. Christoph Daniel ließ seine Rechnungen offenbar regelmäßig prüfen und konsequent nach Funktionen gliedern – ein Indiz für ein fortgeschrittenes Verständnis von Kreditwirtschaft, das in dieser Form für einen Landadeligen der mittleren Altmark keineswegs selbstverständlich war. Die Bilanz ist daher nicht nur Ausdruck eines erfolgreichen Bauprojekts, sondern auch Zeugnis einer ökonomischen Kultur, in der Schulden nicht als Defizit, sondern als bewusst eingesetztes strategisches Instrument verstanden wurden – im Dienst barocker Repräsentation, familiärer Ordnung und wirtschaftlicher Erneuerung.

Auffällig ist in diesem Zusammenhang auch eine Zahlung in Höhe von 256 Talern und 18 Silbergroschen an „des Fürst von Dessau hochfürstl. Durchlaucht“, die 1735 ausdrücklich als „assigniert“ vermerkt wurde. Der neutrale, aber formelle Ausdruck legt nahe, dass es sich um eine gezielte Überweisung im Zusammenhang mit einer lehnrechtlichen oder politischen Angelegenheit handelte. Möglich ist, dass diese Summe im Kontext eines Lehns- oder Konsensverfahrens stand, etwa zur Bestätigung von Besitzansprüchen im Rahmen des Gütererwerbs in Angern und Vergunst. Alternativ könnte sie als Teil einer diplomatischen Gefälligkeit oder strategischen Beziehungspflege zu werten sein, etwa um das Wohlwollen eines mächtigen benachbarten Fürsten zu sichern. Da Leopold I. von Anhalt-Dessau – der „Alte Dessauer“ – in seiner Rolle als Generalfeldmarschall im Heiligen Römischen Reich wie auch in der preußischen Politik über erheblichen Einfluss verfügte, ist nicht auszuschließen, dass Christoph Daniel mit dieser Zahlung einen höfischen Reflex der Absicherung oder der Patronagepflege bediente. In jedem Fall zeigt der Vorgang, wie stark wirtschaftliche, militärische und politische Netzwerke in der Adelskultur des 18. Jahrhunderts miteinander verwoben waren – auch im Bereich der Baufinanzierung. (Vgl. zu Leopold von Anhalt-Dessau: Hans-Joachim Schoeps: Der alte Dessauer. Das Leben des Fürsten Leopold I. von Anhalt-Dessau. Leipzig: Koehler & Amelang, 1963; sowie zur Lehnstruktur im mitteldeutschen Raum: Winfried Dotzauer: Geschichte des Reichskammergerichts 1495–1806. Köln u. a., 2003, S. 287–302 (Abschnitt zur Lehnspflichtigkeit in Anhalt und benachbarten Territorien).

Baukosten: Material, Handwerk und Logistik

Ein zentraler Bereich der Ausgabenbilanz von 1737 betrifft die unmittelbaren Kosten für den Bau des neuen Herrenhauses in Angern, die sich insgesamt auf mehr als 9.100 Taler belaufen. Diese Ausgaben dokumentieren nicht nur die materielle Dimension des Projekts, sondern bieten zugleich einen tiefen Einblick in die organisatorische Komplexität und die wirtschaftlichen Abhängigkeiten eines barocken Bauvorhabens in der Provinz.

Im Mittelpunkt standen dabei die Zahlungen an eine Vielzahl spezialisierter Handwerksmeister und Lieferanten. Die mit Abstand größte Summe entfiel auf den Maurermeister Jäckel, dessen Tätigkeit mit über 2.150 Talern vergütet wurde. Dies zeigt, dass die Maurerarbeiten nicht nur zeitlich früh einsetzten, sondern auch den größten bautechnischen Aufwand erforderten – etwa beim Aufbau der massiven Außenmauern, Fundamentierungen oder Gewölbekonstruktionen wie der Aufmauerung der Gewölbe der ehemaligen Burg. Auffällig ist, dass Jäckel noch bis Ende 1737 tätig war, jedoch wegen massiver Mängel entlassen wurde. Diese Tatsache lässt erkennen, dass trotz der hohen Aufwendungen nicht in allen Fällen eine angemessene Bauqualität erzielt wurde und die Bauleitung auf externe Experten wie den Landbaumeister Fiedler angewiesen war, dessen Empfehlungen sich später als unzuverlässig erwiesen.

Parallel zu den Maurerarbeiten wurden auch die Zimmerarbeiten im großen Umfang vergeben. Der Zimmermann Knackenmus erhielt über 600 Taler für seine Arbeiten, vermutlich für Dachstühle, Balkenlagen und Innenausbauten. Die hohe Summe für Zimmerarbeiten bestätigt, dass Holz eine zentrale Rolle in der baulichen Struktur spielte. Ergänzt wurde dieser Bereich durch Aufträge an den Tischler, Glaser, Schlosser und Steinmetz, die jeweils ebenfalls beträchtliche Honorare erhielten. Diese Gewerke waren für Fenster, Türen, Stuckelemente, Kamineinfassungen oder steinerne Außenelemente zuständig – typische Bestandteile einer barocken Schlossarchitektur.

Nicht minder bedeutsam war die Versorgung mit Materialien. Die Anschaffung von Kalk und Mauer- bzw. Dachsteinen machte zusammen fast 3.200 Taler aus, was auf den massiven Charakter des Baus schließen lässt. Kalk war essenziell für das Mauerwerk und den Putz, während die Dachsteine auf die Verwendung eines haltbaren Ziegeldachs hindeuten. Zusätzlich wurden Ausgaben für weitere Baumaterialien wie Bretter, Latten und Eisenteile getätigt – insbesondere für die Deckenkonstruktionen, Schalungen und statische Verbindungen. Die Notwendigkeit, diese Materialien entweder in großen Mengen zu beschaffen oder gar heranzufahren, führte zu weiteren Ausgaben im Bereich der Baufuhren, die allein mit über 400 Talern zu Buche schlugen. Die Baufuhren dienten dem Transport von Steinen, Kalk, Holz und anderen Materialien aus entfernten Produktionsstätten oder Häfen und zeigen, wie sehr selbst ein regionales Bauvorhaben logistisch auf überregionale Strukturen angewiesen war.

Darüber hinaus war auch der Einsatz von Tagelöhnern ein fester Bestandteil der Bauorganisation. Diese wurden nicht nur für einfache Bauarbeiten eingesetzt, sondern auch im Gartenbereich beschäftigt, der parallel zur baulichen Neugestaltung des Hauses angelegt oder erweitert wurde. Die Gartenarbeiten wurden mit separaten Beträgen erfasst, was dafür spricht, dass Christoph Daniel von Anfang an auch die Repräsentationsfunktion der Außenanlagen im Blick hatte – ein typisches Element adeliger Selbstinszenierung im 18. Jahrhundert.

Insgesamt offenbart die Zusammensetzung der Baukosten einen differenzierten Blick auf das Projekt: Der Bau war nicht nur materiell aufwendig, sondern auch organisatorisch komplex. Es erforderte ein Zusammenspiel spezialisierter Handwerker, verlässlicher Zulieferer, leistungsfähiger Logistik sowie flexibler Arbeitskräfte für Zuarbeiten. Die Ausgaben belegen, dass Christoph Daniel nicht an der Ausstattung und Ausführung gespart hat, sondern im Gegenteil gezielt hochwertige Materialien und spezialisierte Fachkräfte einsetzte, um ein standesgemäßes, langlebiges und repräsentatives Bauwerk zu errichten. Die bauliche Investition war damit nicht nur Ausdruck von Status und Selbstbehauptung, sondern auch ein ökonomisch kalkuliertes Vorhaben, dessen Planung weit über die Mauern des Schlosses hinaus reichte.

Soziale Ausgaben und familiäre Versorgung

Ein besonders aufschlussreicher Teil der Ausgabenbilanz vom 24. Mai 1737 betrifft die Zahlungen, die nicht unmittelbar in den Schlossbau selbst, sondern in die familiäre Versorgung und administrative Grundstruktur des Gutsbetriebes flossen. Diese Positionen – zwar geringer als die Baukosten, aber keineswegs unerheblich – geben wertvolle Hinweise auf die sozialen Verpflichtungen und strukturellen Erfordernisse innerhalb eines adeligen Gutsbesitzes im 18. Jahrhundert.

Versorgung der verwitweten Schwägerin: Mit einem Betrag von 600 Talern wurde eine Summe ausgewiesen, die an „die Frau von der Schulenburg“ geleistet wurde. Gemeint ist hier mit hoher Wahrscheinlichkeit Katharina Sophie von Tresckow a.d.H. Nigripp (1688–1742), der Witwe Heinrich Hartwig von der Schulenburgs (1677-1734), dem älteren Bruder Christoph Daniels. Nach dessen Tod im Jahr 1734 hatte Christoph Daniel den Besitz aus der Konkursmasse übernommen und konsolidiert. Die Zahlung dürfte im Rahmen eines familiären Versorgungsanspruchs erfolgt sein – sei es als regelmäßige Rente, als einmalige Abfindung oder als Teil einer im Erbvertrag fixierten Übergabeverpflichtung. Dass diese Position fast drei Jahre nach dem Tod des Bruders noch aufgeführt wird, spricht für einen fortlaufenden Unterhalt oder eine gestaffelte Auszahlung größerer Summen an die Witwe. Dies verweist auf die für adlige Haushalte typische soziale Kontinuitätspflicht gegenüber verwitweten Angehörigen, insbesondere Frauen, deren Versorgung nicht durch eigene Einkünfte oder Güter abgesichert war.

Unterstützung des jungen Erben: Eine weitere Zahlung in Höhe von 211 Talern, 15 Silbergroschen und 4 Pfennig ging an den „jungen Herrn von der Schulenburg“, der mit hoher Wahrscheinlichkeit Alexander Friedrich Christoph von der Schulenburg (1720–1801) ist. Alexander war zur Zeit der Bilanz 17 Jahre alt und stand damit in einem Alter, in dem adlige Söhne entweder eine militärische Laufbahn einschlugen oder ein Studium aufnahmen. In der Nachfolgeplanung seines Onkels spielte Alexander später eine zentrale Rolle: Er wurde 1763 durch Kodizill zum Erben des Majorats Angern bestimmt, nachdem sein älterer Bruder Christoph-Daniel zunächst vorgesehen war. Die Zahlung kann daher als Ausbildungsunterstützung, möglicherweise zur Finanzierung des Besuchs der Ritterakademie, von Sprachunterricht, Kleidung, Reit- oder Waffenausbildung interpretiert werden – alles Ausgaben, die zur Vorbereitung eines adligen Erben auf die Übernahme eines Majorats notwendig waren. Der Umstand, dass Christoph Daniel bereits Jahre vor seinem Tod finanzielle Verantwortung für seinen Neffen übernahm, lässt auf eine strategisch motivierte Erbvorbereitung schließen.

Beamtengehälter und Verwaltungsapparat: Neben den familiären Leistungen enthält die Bilanz auch Ausgaben für das administrative und gärtnerische Personal, darunter die Besoldung des Justitiars, des Gärtners, des Schützen sowie des Gerichtsdieners (253 Taler, 20 Sgr.). Hinzu kommen 314 Taler, 18 Sgr., 4 Pf. für den Bauschreiber, Bauknechte und die Baupferde, womit insbesondere die organisatorische Begleitung des Bauvorhabens abgedeckt wurde. Diese regelmäßigen Zahlungen belegen den institutionalisierten Charakter des Gutsbetriebs. Das Anwesen verfügte über einen eigenen juristischen Berater, einen organisierten Gutsbetrieb mit Gärtner und Schütze (vermutlich für Forst und Wildstand zuständig), sowie eine administrative Infrastruktur zur Abwicklung des großangelegten Schlossbaus.

Bedeutung im Kontext des Bauprojekts: Diese Posten – zusammen deutlich über 1.300 Taler – verdeutlichen, dass Christoph Daniel von der Schulenburg das Bauvorhaben nicht isoliert von den übrigen Verpflichtungen seines Gutsbetriebs betrachtete. Vielmehr verstand er es, familiäre, soziale und administrative Pflichten parallel zur Bautätigkeit aufrechtzuerhalten, ohne diese unter dem Vorwand wirtschaftlicher Belastung zu vernachlässigen. Gerade im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus war es für einen Gutsbesitzer von Rang wichtig, wirtschaftliche Solidität mit sozialer Fürsorge und öffentlicher Repräsentation in Einklang zu bringen. Die ausgewogene Verteilung der Mittel auf Bauinvestitionen, familiäre Verpflichtungen und Personalbesoldung unterstreicht die ökonomische Handlungsfähigkeit und das strategische Kalkül Christoph Daniels, dessen Besitz nach Jahrzehnten der Zersplitterung durch Konkurs, Erbstreitigkeiten und familiäre Aufteilung wieder konsolidiert wurde.

Juristische, repräsentative und strukturelle Nebenkosten

Juristische und vertragliche Aufwendungen: Besonders ins Auge fällt ein Posten über 346 Taler, 15 Silbergroschen und 5 Pfennig, der unter der Sammelbezeichnung „Prozeß-, Lehensgebühren, Reise- und Zehrungskosten“ aufgeführt ist. Diese Summe ist im Kontext der umfangreichen Lehensverhandlungen und Grundstücksübertragungen zu sehen, die Christoph Daniel im Zuge des Erwerbs von Angern-Vergunst und der Konsolidierung der Besitzverhältnisse ab 1734 führte. Die Gelder dienten vermutlich der Begleichung von Notarkosten, Gebühren für Lehnbriefe, Gerichtsverfahren zur Absicherung von Besitzrechten sowie der Finanzierung von Reisen zu regionalen oder landesherrlichen Behörden.

Planerische Expertise und Bauleitung:  Ein weiterer markanter Posten betrifft Landbaumeister Friedrich August Fiedler, der mit 67 Talern, 22 Silbergroschen vergütet wurde. Fiedler entwarf ursprünglich den Bauplan der barocken Dreiflügelanlage mit zwei eingeschossigen Seitenflügeln und einem zweigeschossigen Hauptflügel. Sein Konzept definierte die symmetrische Achsenstellung, die Gesamtproportion sowie die Positionierung des Schlosses auf der inselartigen Platea hinter der Hauptburg . Allerdings zeigte sich spätestens im Jahr 1737, dass Fiedlers Empfehlungen erhebliche Mängel aufwiesen. Bauausführung und statische Planung erwiesen sich als fehlerhaft, was zur Entlassung Fiedlers und zur Übergabe der Bauleitung an den Maurermeister Böse führte. Auch die Bauaufsicht ging in der Folge auf den Sekretär Croon über. Der Honorarposten für Fiedler belegt jedoch, dass planerische Expertise als separate Kostenstelle honoriert wurde – auch unabhängig vom Erfolg der Umsetzung. Dies verdeutlicht die Bedeutung technischer Planung im adligen Bauwesen der Zeit.

Hinzu kommen kleinere, aber dennoch signifikante Ausgaben für organisatorische Infrastruktur, darunter Baugeräte und Werkzeuge (17 Taler, 12 Silbergroschen), Reisekosten des Feldpredigers, Notariatsgebühren, Porto und Botenlöhne. Diese Summen sind unter einem größeren Pauschalposten über 380 Taler, 19 Silbergroschen, 10 Pfennig subsumiert, der neben der Baupferdeversorgung auch Verwaltungskosten im Rahmen der Güterübergabe umfasst .

Historische Einordnung der Summen

Die bis Mai 1737 dokumentierten Ausgaben für das Bauvorhaben in Angern belaufen sich auf insgesamt 22.026 Taler, 16 Silbergroschen und 8 Pfennig, was in heutiger Kaufkraft etwa 360.000 Euro entspricht. Diese Schätzung basiert auf einem konservativen Umrechnungskurs von 1 Taler ≈ 40 Euro, wie er in der wirtschaftshistorischen Literatur zur Bewertung frühneuzeitlicher Geldbeträge herangezogen wird.

Der Betrag umfasst eine Vielzahl von Einzelposten: neben den unmittelbaren Baukosten – mit rund 9.100 Talern ausgewiesen – auch Zinszahlungen, Verwaltungsgehälter, Fuhr- und Materialkosten, Honorare für Planer und Handwerker, sowie Ausgaben für rechtliche Sicherung und familiäre Verpflichtungen. Allerdings ist zu betonen, dass sich diese Summe ausschließlich auf die erste Bauetappe bezieht – insbesondere auf den Bau des Torhauses mit Nebengebäuden sowie vorbereitende Arbeiten für das eigentliche Herrenhaus.

Ein expliziter Nachweis über den Beginn oder Abschluss des Rohbaus des neuen Herrenhauses liegt für diesen Zeitraum nicht vor. Zwar sprechen die außergewöhnlich hohen Aufwendungen für Maurerarbeiten (über 2.100 Taler allein für Meister Jäckel), die großen Kalk- und Steinmengen sowie das Honorar des Landbaumeisters Fiedler für eine erste Umsetzungsphase am Hauptbau, doch ist dessen struktureller Fortschritt bis 1737 nur indirekt erschließbar. Dass Christoph Daniel von der Schulenburg im Frühjahr 1740 ein „zum größten Teil fertiggestelltes, aber noch nicht bewohnbares Haus“ antraf, deutet darauf hin, dass der Rohbau vermutlich ab 1737/38 konkret vorangetrieben wurde. 

Für den Zeitraum nach 1737 sind keine konsolidierten Rechnungsaufstellungen erhalten, jedoch bietet das 1752 angelegte Generalinventar einen zuverlässigen Eindruck vom Umfang der Innenausstattung: kostbare Tapeten, Betten, Tische, Spiegel, Waffen, Bücher und Porzellan weisen auf ein außergewöhnlich reich ausgestattetes Interieur hin. Konservativ geschätzt dürften die Kosten für Ausbau, Möblierung und Ausstattung weitere 150.000 bis 200.000 Taler umfasst haben – was einer Gesamtinvestition von rund 500.000 bis 600.000 Euro in heutiger Kaufkraft entspräche.

Vergleicht man das Projekt mit anderen adeligen Bauten der Region – etwa Schloss Hundisburg, Burgscheidungen oder den barocken Umbauten in Dieskau – wird deutlich, dass die geplante Anlage in Angern hinsichtlich des finanziellen Umfangs durchaus in eine vergleichbare Größenordnung fällt. Der maßgebliche Unterschied liegt in der Finanzierungsstruktur: Während andere Familien häufig auf langfristig akkumuliertes Eigenkapital zurückgreifen konnten, wurde der Bau in Angern von Beginn an durch Kredite und Zinsverpflichtungen strukturiert, die bis 1737 bereits rund die Hälfte aller Ausgaben beanspruchten.

Schloss-Angern-1750

Messtischblatt aus dem Jahr 1750 Schloss, Torhaus und Vorhof

Fazit

Die Ausgabenbilanz von 1737 dokumentiert in eindrucksvoller Weise die wirtschaftlichen Dimensionen und strukturellen Herausforderungen des Schlossbaus in Angern. Sie belegt eine konsequente Priorisierung des Bauprojekts innerhalb der Gutsverwaltung und macht zugleich die Abhängigkeit von umfangreichen Fremdmitteln deutlich – ein Aspekt, der exemplarisch für die adelige Repräsentationskultur im 18. Jahrhundert steht. Der Bau war weniger Ausdruck langjähriger Akkumulation als vielmehr Ergebnis einer bewusst eingesetzten kreditfinanzierten Investitionsstrategie, die mit erheblichen ökonomischen Risiken verbunden war.

Gleichzeitig reflektiert die Bilanz das Spannungsfeld zwischen standesgemäßer Lebensführung, wirtschaftlicher Belastbarkeit und rechtlicher Absicherung innerhalb eines zunehmend komplexen Gutsbetriebes. Die Notwendigkeit, das Bauprojekt nicht nur baulich, sondern auch fiskalisch, juristisch und organisatorisch zu bewältigen, veranschaulicht exemplarisch die Handlungsspielräume, aber auch die strukturellen Begrenzungen des Landadels. 

Auch methodisch ist das Vorhaben bemerkenswert: Die in der Aufstellungen in Rep. H Angern Nr. 409 überlieferte außergewöhnlich präzise Buchführung, die Einzelposten bis hin zur Zahl der Schaufeln und dem Lohn für Boten erfasst, lässt einen detaillierten Einblick in die Bauökonomie, Verwaltungslogik und Repräsentationsplanung eines adligen Gutsbetriebes im 18. Jahrhundert zu. In dieser Kombination aus Kostenbewusstsein, Kreditsteuerung und standesgemäßem Gestaltungswillen nimmt das Fallbeispiel Angern eine besondere Stellung unter den landesherrlichen und privaten Bauprojekten seiner Zeit ein.

In ihrer Kombination aus präziser Rechnungslegung, kreditgestütztem Bauverlauf und repräsentativer Zielsetzung markiert die Bilanz von Angern eine einzigartige Quelle für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 18. Jahrhunderts – und erlaubt Rückschlüsse auf die ökonomischen Strategien einer sozialen Schicht, die zunehmend zwischen dynastischer Repräsentation und finanzieller Verwundbarkeit operierte.

Die Einnahmenstruktur 1735–1737

Finanzierung durch Vorstand, Pacht und Auslandskapital – Die Einnahmenbilanz der Jahre 1735 bis Mai 1737, wie sie im Gutsarchiv Angern überliefert ist, dokumentiert in ungewöhnlicher Dichte die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen Christoph Daniel von der Schulenburg den Neubau des Herrenhauses in Angern plante und finanzierte. Die Quelle verzeichnet Gesamteinnahmen in Höhe von 22.301 Talern und 7 Silbergroschen, die sich aus lokalen Pachterträgen, Verkäufen, Verwaltungsüberschüssen und in erheblichem Maße aus ausländischen Kapitalzuflüssen zusammensetzten.

Ein bemerkenswerter Anteil der Einnahmen stammte aus der Verwaltung durch den Amtmann Heinrichs, der bis zur Übergabe des Guts an Schulenburg im Sommer 1735 die Einnahmen des Ritterguts Angern verwaltete. So zahlte Heinrichs am 27. Februar 1735 und erneut am 11. Juli 1735 jeweils 1.000 Taler als sogenanntes „Vorstandsgeld“ an Schulenburg – letzteres „bei Übergabe des Guts vollends empfangen“. Die Formulierung deutet auf eine formalisierte Abwicklung der Verwaltungskonten und eine wohl vorbereitete Besitzübertragung hin. Diese Einnahmen dürften aus vorherigen Pachtverträgen oder Rücklagen stammen, die nun Schulenburg zur Verfügung gestellt wurden. Ergänzend wurden ihm auch 400 Taler pro Quartal als laufende Pachtzahlung aus dem Gut Angern überwiesen – für das Michaelis- und Weihnachtsquartal 1735, sämtliche Quartale 1736 sowie das Osterquartal 1737. Ein weiterer Posten von 190 Talern, der formal noch als Rückstand aus dem Weihnachtsquartal 1735 vermerkt ist, wurde dem Amtmann „auf Rechnung“ gelassen – zweckgebunden „zur Bezahlung der Mauersteine“. Dies belegt, dass Heinrichs auch nach der Besitzübergabe eine gewisse operative Funktion in der Abwicklung der Baustellenlogistik innehatte, insbesondere in den winterlichen Monaten, als Transportwege über die Elbe unterbrochen waren.

Gleichwohl reichten die lokal generierten Einnahmen bei weitem nicht aus, um das aufwendige Bauvorhaben zu finanzieren. Der überwiegende Teil der Mittel stammte aus ausländischen Kapitalflüssen, insbesondere aus Turin. So erhielt Schulenburg am 12. Mai 1736 durch Vermittlung von „Monsieur Sandrat“ im Auftrag von „Monsieur Dumont“ eine Zahlung von 5.919 Talern, weitere 3.000 Taler am 14. August sowie nochmals 2.108 Taler am 17. August desselben Jahres – insgesamt 11.027 Taler, was knapp 50 % der Gesamteinnahmen zwischen 1735 und Mai 1737 ausmacht.

Diese Geldzuflüsse stehen mit hoher Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit den Vermögensrücklagen, die Christoph Daniel von der Schulenburg während seiner langjährigen militärischen Laufbahn im Dienst des Königs von Sardinien angelegt hatte. Bereits in den 1720er Jahren hatte Schulenburg als Generalleutnant im Piemont gedient und dort beträchtliche Einkünfte erzielt. Die systematisch über Magdeburg rücküberwiesenen Beträge belegen nicht nur seine internationale Mobilität, sondern auch den Zugang zu professionellen Finanzagenten wie Dumont und Sandrat, die offenbar als Mittelsmänner für größere Transaktionen zwischen dem italienischen Raum und Norddeutschland fungierten.

Dass diese Summen nicht lediglich pauschal verbucht, sondern auf der Ausgabenseite des Haushaltsbuchs explizit als „von Turin aus hinausgeschickt“ und nochmals in drei getrennten Quittungen mit exakt korrespondierenden Beträgen gelistet sind,⁷ unterstreicht den formalisierten Charakter dieser Kapitalbewegung. Schulenburg war offenbar bemüht, die ausländischen Rückflüsse buchhalterisch nachvollziehbar zu integrieren – möglicherweise zur Absicherung gegenüber Gläubigern, aber auch als Beleg für ordnungsgemäße Mittelverwendung im Kontext adliger Besitzpolitik.

Zudem zeigt sich, dass diese Gelder nicht ausschließlich zur Deckung der eigentlichen Baukosten, sondern auch zur Bedienung sozialer, diplomatischer und strategischer Verpflichtungen eingesetzt wurden. So finden sich auf der Ausgabenseite in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mehrere „Assignationen“ – etwa an den Fürsten von Dessau (256 Taler, 18 Silbergroschen), an Herrn von Wobersnow, an „Mr. Zutten“ sowie zur Versorgung des Sohns seines Bruders Heinrich Hartwig. Diese Zahlungen legen nahe, dass Schulenburg das ihm zur Verfügung stehende Auslandskapital nicht nur als Investitionsmittel verstand, sondern als politisches Werkzeug zur Absicherung seines sozialen Netzwerks, seiner Lehnstruktur und möglicherweise auch seiner Baulegitimation.

In ihrer Summe offenbaren die turinischen Rückflüsse somit kein bloß technisches Finanzierungselement, sondern das tragende Rückgrat einer überregional strukturierten Finanzarchitektur, die adelige Repräsentation, militärisch erworbenes Vermögen und lokal organisierte Baupraxis in einem funktionalen System verband. Der Fall Angern zeigt damit exemplarisch, wie sehr große Bauprojekte des Landadels im 18. Jahrhundert auf grenzüberschreitende Ressourcen, militärische Karrieren im Ausland und strukturierte Rückführungsmechanismen angewiesen waren – und wie präzise diese, trotz aller administrativen Begrenztheit der Zeit, im Rechnungswesen erfasst wurden.

Neben diesen Hauptposten verzeichnet die Bilanz kleinere Einnahmen aus Holzverkäufen (z. B. Elsenholz für 21 Taler, weitere Verkäufe durch den Schützen Damhagen), aus dem Verkauf zweier Tagelöhnerhäuser (48 Taler) und Rückflüsse von Herrn von Treskow sowie Verwalter Schabesen, die zusammen etwa 500 Taler ausmachten.

Fazit: Die Einnahmenstruktur zeigt damit deutlich, dass Christoph Daniel von der Schulenburg sein Bauprojekt nicht auf Basis einer geschlossenen Eigenmitteldeckung aus dem Gut finanzierte, sondern auf eine hochgradig gestaffelte Kombination aus lokaler Verwaltung, Pachteinnahmen, Rückflüssen und transnationalem Kapital angewiesen war. Der Fall Angern illustriert eindrücklich, wie adelige Bauherren des 18. Jahrhunderts ihre wirtschaftlichen Netzwerke und Verbindungen nutzten, um großformatige Bauprojekte jenseits der rein lokalen Ressourcengrundlage zu verwirklichen.

Quellen

  1. Gutsarchiv Angern, Rep. H Nr. 409, Blätter 25–28: Enthält die vollständige Einnahmen- und Ausgabenbilanz für die Jahre 1735 bis 24. Mai 1737, inkl. Schuldendienst, Baukosten, Pachtzahlungen und Kapitalbewegungen.
  2. Gutsarchiv Angern, Rep. H Nr. 76 (Generalinventarium 1752): Inventar der vollständig ausgestatteten Innenräume des Schlosses, mit detaillierten Angaben zur Möblierung, Tapeten, Bildern, Waffen, Bibliothek usw.
  3. Gutsarchiv Angern Rep.H Nr. 412: Enthält Hinweise auf den baulichen Zustand des Turmgewölbes sowie Konflikte bei der Bauausführung (z. B. Erniedrigung des Hofs, statische Probleme).
Fritz I. von der Schulenburg (1350-1415) (Wikipedia ) war der nähere Stammvater aller drei Äste der weißen Linie des Hauses von der Schulenburg. Er hat den Übergang der Mark Brandenburg an die Hohenzollern aktiv miterlebt und zeigte sich dabei als ein selbstbewusster Schloßgesessener seiner Zeit und herausragender Vertreter des gemäßigten Teils des märkischen Adels. Etwa 1350 wird er zu Beetzendorf geboren als Sohn von Bernhard V von der Schulenburg und Margarete, geb. von Wedderde . Zu dieser Zeit wird an der Mosel die Burg Eltz erbaut, ist der Schiefe Turm von Pisa fertig und stiftet König Eduard III. von England den Hosenbandorden .
Konsolidierung und Fragmentierung adeligen Besitzes im 14. Jahrhundert. Henning I. von der Schulenburg († 1378) war ein markanter Vertreter der weißen Linie des Geschlechts von der Schulenburg und ist als Knapp[e] auf Beetzendorf und Angern bezeugt. Er war ein jüngerer Sohn Werner V. und trat spätestens 1341 in die urkundlich dokumentierte Familiengeschichte ein, als er seinen älteren Bruder Werner IV. in der Lehnhierarchie nachfolgte. In der Urkunde von 1337 wird er nicht genannt, was nahelegt, dass er zwischen 1337 und 1341 die Mündigkeit erreichte.
Kaufmann, Lehnsträger und Burgherr in Angern. Werner V. von der Schulenburg gehört zu den frühesten namentlich bekannten Mitgliedern der Familie, die sich dauerhaft auf dem Gut Angern niederließen. Seine Bedeutung liegt nicht allein in seiner Funktion als Mitbelehnter mit der dortigen Burg, sondern vor allem in seiner Rolle als Vertreter eines Adels, der im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit zunehmend auch städtisch-wirtschaftliche Handlungsspielräume wahrnahm.
Hans XII. von der Schulenburg († 1625), Sohn des Busso VI. , gehört zu jenen Gliedern des Adelsgeschlechts von der Schulenburg , deren Leben exemplarisch für die Krisen und Konsolidierungsversuche niederadliger Gutsherrschaft im frühneuzeitlichen Brandenburg steht. Seine Biografie markiert eine Übergangsphase zwischen militärischer Karriere und ökonomischer Bedrängnis, zwischen adliger Repräsentation und realer finanzieller Überforderung.
Bernhard von der Schulenburg (1427–1469) wurde im Jahre 1448 mit seinen Brüdern Busso und Matthias durch Lehnbrief Erzbischofs Friedrich von Magdeburg zu rechten männlichen Lehen beliehen.
Ritter, kurbrandenburgischer Rat, Stiftshauptmann des Erzstifts Magdeburg, Begründer des älteren Angerner Zweigs. Busso I. entstammte der weißen Linie der Familie von der Schulenburg und war der älteste Sohn des Ritters Fritz I von der Schulenburg (* um 1350, † 1415). Er wurde am 12. April 1414 noch als unmündig erwähnt, galt aber bereits am 15. April 1415 als mündig und war ab 6. August 1424 urkundlich als Ritter belegt. Sein Geburtsjahr lässt sich daher mit einiger Sicherheit auf um 1396 datieren.
Begründer der jüngeren Linie des weißen Stammes – Landeshauptmann der Altmark – Erwerber von Altenhausen. Matthias I von der Schulenburg (geb. spätestens 1405 – † zwischen Februar und November 1477) entstammte dem weitverzweigten Adelsgeschlecht von der Schulenburg, das sich im 14. Jahrhundert in zwei Hauptlinien aufgeteilt hatte – in die sogenannte „schwarze“ und die „weiße“ Linie.
Bernhard XI. von der Schulenburg (*1475, † vor dem 15. Mai 1502) war ein altmärkischer Adliger des ausgehenden 15. Jahrhunderts und der bedeutendste Vertreter der jüngeren Linie des sogenannten weißen Stammes der Familie von der Schulenburg. Er war der älteste überlebende Sohn des Landeshauptmanns Matthias I. († um 1477) und der Anna von Alvensleben . Er war Herr auf Altenhausen , Angern und Beetzendorf .
Alexander Friedrich Christoph ( 05.08.1720 – 19.09.1801 ) ist Sohn des Heinrich Hartwig I. (Oberst auf Angern, Wenddorf und Bülitz). Sein Oheim Christoph Daniel setzte ihm im Testament das Gut Krüssau als ein Majorat aus. Im Kodizill 1763 wurde dies jedoch dahingehend geändert, dass er Angern als Majorat bekommen sollte, wenn er den österreichischen Dienst verließe und von seinem Landesherrn König Friedrich II. wegen dieses Fehlers Verzeihung erhielte.
Matthias III von der Schulenburg (vor 1488–1542): Ein früher Reformator, streitbarer Landadliger und Kriegsteilnehmer im Zeitalter der Konfessionalisierung. Matthias III von der Schulenburg entstammte der jüngeren Linie des sogenannten „weißen Stammes“ der Familie von der Schulenburg. Als Sohn von Bernhard XI. von der Schulenburg und Enkel von Matthias I , des langjährigen Landeshauptmanns der Altmark, war er ein direkter Erbe der um 1485 befestigten Stellung in Altenhausen , Angern und Beetzendorf und setzte den jüngeren Zweig der weißen Linie fort. Seine Geburt wird vor 1488 angenommen, da er bereits 1506 als rechtskräftig Handelnder in einer Wiederkaufsurkunde erwähnt wird. In seiner Person bündelten sich das politische Erbe der Familie, ein ausgeprägter Wille zur Wahrung dynastischer Rechte und ein bemerkenswerter Bildungs- und Reformationsimpuls.
Jakob II. von der Schulenburg: Leben, Kriegslaufbahn und Besitzpolitik eines altmärkischen Söldnerführers. Jakob II. zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten des altmärkischen Adels im 16. Jahrhundert. Als ältester Sohn des Matthias III. von der Schulenburg und Bruder des späteren Altenhäuser Bauherren Daniel I. war er der erste, der die Familie über Jahrzehnte hinweg auf den großen europäischen Kriegsschauplätzen vertrat – von den Türkenkriegen über den Schmalkaldischen Krieg bis hin zu innerdeutschen Machtkämpfen.
Daniel I. Reichsfreiherr von der Schulenburg (* 3. Juni 1538 in Altenhausen ; † 6. November 1594 in Angern ) (Nr. 312 in der Stammtafel) lebte in einer Zeit bedeutender politischer und wirtschaftlicher Umbrüche in der Altmark und im Erzstift Magdeburg . Am 29.09.1577 heiratete Daniel I. Ehrengard von Alten aus dem Hause Wilkenburg (* um 1556, † nach 1611). Aus dieser Verbindung gingen fünf Kinder hervor.
Henning III. von der Schulenburg (*1587, †01.09.1637) war der jüngste Sohn des Daniel I. von der Schulenburg und übernahm nach seinem Tod den Burghof in Angern. Er steht exemplarisch für die komplexe Rolle des niederen Adels im frühneuzeitlichen Brandenburg – zwischen dynastischer Kontinuität, territorialer Zersplitterung und finanzieller Prekarität.
Henning Christoph von der Schulenburg (* 1648 oder 1649 auf Angern , † 27.12.1683 in Staßfurt ) war ein kurbrandenburgischer Hauptmann. Als der älteste Sohn von Heinrich XI. von der Schulenburg (geb. 1621, gest. 1691) und Ilse Floria von der Knesebeck (geb. 1629, gest. 1712) erbte er nach dessen Tod die Güter Angern und Falkenberg .
Heinrich XI von der Schulenburg (* 06.09.1621 auf Angern , + 19.05.1691 in Kehnert ) – Herr auf Angern, Kehnert mit Cobbel, Schricke und Falkenburg war der jüngere Sohn von Henning III. von der Schulenburg (*1587, †01.09.1637) und Catharina Schenk von Flechtingen. Er studierte an der Universität Helmstedt , einer der führenden Bildungsstätten des 17. Jahrhunderts.
Christoph Daniel von der Schulenburg (*1679 in Angern, †1763 ebenda) wurde geboren inmitten einer Epoche dynastischer Spannungen im Heiligen Römischen Reich. Er zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten des brandenburgisch-preußischen Adels im 18. Jahrhundert. Sein Lebensweg vereint in exemplarischer Weise militärische Laufbahn , diplomatische Missionen und kulturelles Mäzenatentum .
Die Familiengeschichte des Hauses Angern nimmt seinen weiteren Lauf mit den Söhnen Henning Christophs v.d. Schulenburg : Heinrich Hartwig I (* 23.09.1677 auf Angern, nach anderen Quellen Staßfurth; † 17.06.1734 auf Angern) und Christoph Daniel I . Beide traten 1700 in den Dienst des Herzogs von Savoyen - dem Regiment , dessen Chef damals noch Matthias Johann v.d. Schulenburg war. Heinrich Hartwig verließ diesen als Hauptmann nach zwei Jahren und ließ sich in Angern nieder.
Friedrich Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 10. Februar 1769 auf Angern; † 16. Mai 1821 in Magdeburg) ist Sohn des Alexander Friedrich Christoph Graf von der Schulenburg .
Edo Friedrich Christoph Daniel , geb. 27.04.1816 in Angern, gest. 06.08.1904 in Angern, wurde 1821 dritter Fideikommissherr auf Angern. Edo war einziger Sohn des Magdeburger Regierungspräsidenten Friedrich Graf v.d. Schulenburg aus dessen zweiter Ehe mit der Tochter des Braunschweigischen Landdrosten, Auguste Luise Adolphine von Cramm. Bei seiner Taufe übernahm König Friedrich Wilhelm III . eine Patenstelle.
Friedrich Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 1843 in Angern; † 1921) war Sohn des Edo Friedrich Christoph Daniel (1816-1904) und der Helene, geb. v. Schöning. Bei seiner Taufe übernahm König Friedrich Wilhelm IV. die Patenstelle.
Sigurd Wilhelm Graf von der Schulenburg (* 1882; † 1956), Sohn des Friedrich Wilhelm Christoph Daniel (1843-1921) war der fünfte und letzte Fideikommissherr auf Angern. Bei seiner Taufe am 5. November 1882 übernahm Kaiser Wilhelm I. eine Patenstelle , wie auch bei seinem Vater, Großvater und Urgroßvater die damals regierenden preußischen Könige Taufpaten gewesen waren.
Kuno Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 1923 in Magdeburg; † 1987 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Jurist und Mitglied der XXI. Generation der Familie von der Schulenburg. Kuno Wilhelm wurde als einziger Sohn von Sigurd-Wilhelm Graf von der Schulenburg geboren.
Alexander Friedrich Christoph Graf von der Schulenburg wurde am 4. August 1968 in Frankfurt am Main geboren. Er ist Sohn von Kuno Wilhelm Christoph Daniel (1923-1987) und Jutta, geb. v. Franocis. Er führt die lange Tradition seiner Familie fort, die seit fast 500 Jahren in Angern verwurzelt ist, und engagiert sich aktiv für die Bewirtschaftung der wieder eingerichteten Forstbetriebs sowie die Rekonstruktion und Erhaltung des Schlosses und des Parks.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.